Dorf und Feldmark Ruest bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts

(B.Keuthe)

Die erste Nachricht über das Dorf Ruest übermittelt eine Urkunde vom 27. Februar 1352, in der Dankward von Gustävel und sein Sohn Johann eine Vicarei zu Mestlin mit Hebungen aus dem Ort Mestlin ausstatten und dabei von 10 Ruhten Acker gesprochen wird, die am Wege nach Ruyst" liegen.

Ruest, Mestlin, Mühlenhof (auch Hof Mühlenfeld genannt) und die nicht mehr existierenden Dörfer und Siedlungen Neuhof, Hohen Augzin (an dessen Stelle heute Vimfow steht) und Glowecke, alle auf der Mestliner Feldmark gelegen, bildeten Mitte des 14. Jahrhunderts ein zusammenhängendes Gebiet, welches sich im Besitz des mecklenburgischen Fürsten Nicolaus von Werle befand. In der oben bereits genannten Urkunde von 1352 wurden 18 Mestliner Bauern namentlich genannt. Die Directorialvermessungskarte von 1777 zeigt noch 15 Bauernhöfe, zusätzlich den Gutshof an der Kirche, einen Forsthof und zwei Höfe des Schulzen. Die Höfe erstreckten sich zu gleichen Teilen beiderseits der verbreiterten Dorfstraße, die in Ost-West-Richtung angelegt ist. Ein äußerst ähnliches Bild erhalten wir von Ruest. Die erste urkundliche Nachricht 1540 spricht von 18 Bauern im Dorf. Dort gab es keinen Ritterhof. Die Karte von 1777 läßt erkennen, daß die Bauernhöfe wie in Mestlin zu beiden Seiten des durch den Ort führenden Weges lagen.

Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg änderte sich die Anzahl der im Dorf vorhandenen Bauernstellen. Man kann davon ausgehen, daß Ruest und Mestlin zu gleicher Zeit irgendwann in der Mitte des 13. Jahrhunderts als deutsche Dörfer angelegt wurden. Üblicherweise erhielten die Bauern bei der Ortsgründung oder der Umwandlung eines slawischen Dorfes nach deutschem Recht eine Hufe von 10,4 ha Größe zugeteilt. Im 16. Jahrhundert legte man vielerorts zwei Hufen, Sand- oder Hakenhufen genannt, zu einer größeren von 20,8 ha zusammen. Berechnungen ergaben, daß die Ruester Bauern, wahrscheinlich genauso wie die in Mestlin, von Anfang an je 20,8 ha bewirtschafteten. Das ist eine Besonderheit, die vielleicht durch die direkte Einflußnahme der mecklenburgischen Fürsten erklärt werden kann, die hier als Lokatoren (Ortsgründer) wirkten. Die damals betriebene Feldwirtschaft (Dreifelderwirtschaft) verlangte die Einteilung des zur Verfügung stehenden Ackers in drei Schläge, wobei jeder Schlag entsprechend der Anzahl der Bauern weiter unterteilt wurde. Auf der Karte von 1777 sind die drei Schläge, obwohl als solches nicht bezeichnet, noch zu erkennen. Der eine lag nördlich vom Dorf, die beiden anderen nebeneinander westlich davon. Daraus ergibt sich auch, daß die Feldmarkgrenze im Südwesten anders verlief. Hier ging nach dem Untergang des namenlosen Dorfes am Glockenmoor ein Teil dessen Feldmark in die Ruester ein. Die Scheide verlief ursprünglich vom Ellersoll im Süden über Capit, Petersberg, Hasselholtz zum Blanckeding an der Hohen Pritzer Scheide. Nach 1777 wurden die im Gemenge befindlichen Ackerstücke der Bauern neu aufgeteilt. Das stand im Zusammenhang mit dem Übergang von der Dreifelderwirtschaft zur effektiveren Koppelwirtschaft. Sieben Schlage umringten nun das Dorf vom Süden im Uhrzeigersinn. Sie erstreckten sich bis an den Weg Sternberg-Mestlin und wurden allgemein im damaligen Sprachgebrauch als Binnenschläge bezeichnet. Die Gegend am Büthberg unterteilte man in sieben Zuschläge, die sogenannten Butenschläge. Ähnliches geschah in Mestlin. Die große Fläche der Feldmark teilte man folgendermaßen ein: Um das damals als Meierei entstandene Vimfow, entgegen dem Uhrzeigersinn und im Süden beginnend, sieben Schläge, ebenfalls in gleicher Art weitere sieben Schläge um Mestlin und nochmals sechs Schläge westlich Mestlins entlang der Groß Niendorfer und Ruester Scheide. Die Vermessung scheint 1829 erfolgt zu sein. So ergab sich jetzt die Situation, daß vom Gutshof Mestlin die Schläge in unmittelbarer Umgebung des Ortes bearbeitet wurden, während die im Ort verbliebenen Bauern die sechs Schläge außerhalb an der Groß Niendorfer und Ruester Grenze zugeteilt bekamen. Das führte letztendlich zur Aussiedlung der 12 Mestliner Bauern 1832/33 in die Ausbauten und deren Zuteilung zur Ruester Feldmark. Mestlin war fortan ein reines Gutsdorf, während Ruest zum großes Bauerndorf aufgewertet wurde.

Inwieweit sich Bauern slawischer Herkunft bei der Gründung im Ort niederließen oder in die Dorfgemeinschaft einbezogen wurden, läßt sich anhand fehlender Materialien nicht eindeutig nachvollziehen. In Mestlin scheinen es nach der Urkunde von 1352 im besten Falle zwei gewesen zu sein, also eine geringe Zahl. Wobei deren Namen (Kowalek und Dobbin) ihre Herkunft bezeichnen könnten, also nichts aussagen brauchen zur Abstammung. Eine Untersuchung von Witte zur Häufigkeit slawischer Personennamen weist für 1540 in Mestlin fünf Personen mit slawischem Namen aus (3x Dolge, Genderich, Prislaff). Diese Mestliner werden 1352 aber namentlich nicht genannt, zogen wahrscheinlich in folgender Zeit zu oder waren ansässig und konnten aus verschiedensten Gründen erst später eine Bauernwirtschaft übernehmen. Das zeigt, daß Bauern slawischer Herkunft bei der Ortsgründung vermutlich keine Berücksichtigung fanden. Die Arbeit von Witte verzeichnet aus den Landbedeakten von Dobbertin 1540 in Ruest drei Familien, die slawischer Herkunft sein könnten (2x Dolge, Passtene).

Es ergibt sich auch die Frage nach der Herkunft der Ortsnamen. Der Name Mestlin ist eindeutig slawischen Ursprungs (Brückenort). Die Brücke, worauf er sich bezieht, ist am Dorfende in der Skizze des Anhangs gut zu erkennen. Das Wort Ruest soll ebenfalls dem Slawischen entstammen und sich auf den Mäusedorn (Pflanze, polnisch ruszczek) beziehen. Germanische Sprachen haben aber gleichlautende Wörter im Bestand, so daß eine Herkunft aus dem Germanischen nicht undenkbar ist, zumal sogar ein Ort gleichen Namens in Holland existieren soll.